Faktencheck : Wer unterstützt die Abschaffung der Strabs wirklich?

Faktencheck

Der Gemeinderat in Wietze hat am 25.03.21 unsere Resolution an die niedersächsische Landtag zur Abschaffung der Strabs in ganz Niedersachsen verabschiedet.

 Gemeinderat Wietze

Der Gemeinderat in Wietze wird von der CDU dominiert. Die CDU hat mit dem Bürgermeister insgesamt 12 Ratsmitglieder, die SPD hat 7 und B90 die Grünen haben 3 Ratsmitglieder.

Facebook-Seite der CDU Wietze

Auf Ihrer Facebook Seite hat die CDU Wietze über die Verabschiedung der Resolution berichtet. Dort steht:

Gestern hat der Rat der Gemeinde mit großer Mehrheit eine Resolution an das Land Niedersachsen verabschiedet. Ziel dieser Resolution ist, dass das Land, wie schon viele andere Bundesländer zuvor, die Straßenausbaubeiträge abschafft und den Gemeinden einen entsprechenden finanziellen Ausgleich gewährt.

Damit könnte, so unsere Hoffnung, ein Straßenbau finanziert werden, ohne dass die BürgerInnen unserer Gemeinde für diesen Zweck eine Erhöhung der Grundsteuer hinnehmen müssen. Die Anregung für diese Initiative kam übrigens von der BI Wietze Anti Strabs und wurde gerne von uns aufgenommen.

Dass wir in der Folge den Antrag der SPD-Fraktion auf Abschaffung der Wietzer Straßenausbaubeitragssatzung abgelehnt haben, bedeutet ausdrücklich nicht, dass wir grundsätzlich gegen eine Abschaffung wären.

Wenn wir die Strabs aber jetzt (!) vor Ort abschaffen würden, würden wir die vorher verabschiedete Resolution und deren Zielsetzungen, nämlich dass das Land finanziell für die Straßenausbaubeiträge aufkommt und nicht mehr die BürgerInnen, komplett konterkarieren.

Das Thema bleibt aber ein Thema, dem wir uns nicht verstellen!

„Die Anregung … wurde gerne von uns aufgenommen.“ Hört sich gut an. Tatsächlich lag der die Resolution 10 Wochen dem Bürgermeister vor, ehe sie dem Gemeinderat vorgelegt wurde.

„Das Thema bleibt aber ein Thema, dem wir uns nicht verstellen!“ Das hört sich nicht nach einer tatkräftigen Unterstützung an.

Die CDU hat mit ihrer Mehrheit im Gemeinderat in der gleichen Sitzung den von der SPD eingebrachten Antrag zur Abschaffung der Strabs in Wietze abgelehnt. Die Ablehnung wurde damit begründet, dass man nach einer Abschaffung der Strabs durch das Land, befürchtet von dem finanziellen Ausgleich ausgeschlossen zu werden, wenn man bereits keine Straßenausbaubeträge mehr erhebt. Es ist schwer vorstellbar das ein Landtag Gesetze erlässt, die für bestimmte Gemeinden gelten und für andere nicht. Auch der Landtag muss nach dem Gleichheitsgrundsatz handeln und alle Gemeinden gleichbehandeln. Das war auch in Sachsen-Anhalt so, wo zuletzt die Strabs abgeschafft und eine finanzielle Unterstützung für die Straßenerhaltung für alle Gemeinden geschaffen wurde.

Abschätzung der Kosten der Abschaffung der Strabs in Wietze

Auf Antrag vom B90 die Grünen hat der Gemeinderat am 17.12.2020 die Verwaltung beauftragt, folgende Sachverhalte zu prüfen:

  • Ermittlung des Bedarfs für den Straßenausbau für mindestens die nächsten zehn Jahre und Gegenüberstellung der erwarteten Straßenausbauträge auf Grundlage der aktuell gültigen STRABS.
  • Refinanzierungsmöglichkeit … durch Erhöhung der Hebesätze für die Grundsteuer A und B
  • Refinanzierungsmöglichkeit … durch Erhöhung des Hebesatzes für die Gewerbesteuer
  • Refinanzierungsmöglichkeit … über Schaffung einer kommunalen Straßenausbausteuer
  • Refinanzierungsmöglichkeit … über wiederkehrende Beiträge für Verkehrsanlagen …
  • Aufzeigen weiterer Refinanzierungsmöglichkeiten und Mischmodelle aus den vorgenannten Refinanzierungsmöglichkeiten
  • Auswirkungen der Verrentungsmöglichkeit der aktuell gültigen STRABS unter Annahme, dass 90 % der Beitragspflichtigen diese Möglichkeit in Anspruch nehmen, auf den Gemeindehaushalt für mindestens die nächsten zehn Jahre

Die Ergebnisse wurden, wie vom Gemeinderat beschlossen, in der Sitzung des Finanzausschuss am 04.03.21 im Tagesordnungspunkt „4 Antrag der Fraktion B’90 / Die Grünen hier: Prüfung von Refinanzierungsmöglichkeiten zur Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung“ vorgetragen. Es ist üblich alle Dokumente und Tischvorlagen vor einer öffentlichen Sitzung des Rates oder der Ausschusssitzungen zu veröffentlichen. Das ist bei dem Tagesordnungspunkt 4 nicht geschehen. Die Begründung des Bürgermeisters lautet: „Die Unterlagen wurden erst kurz vor der Sitzung fertiggestellt. Es verblieb keine Zeit für die Veröffentlichung.“  Auf Nachfrage in der Ratssitzung wurde versprochen die Unterlagen mit dem Sitzungsprotokoll zu veröffentlichen. Das ist nun fast 4 Wochen her. Es ist noch kein Protokoll veröffentlicht worden.

Als Grundlage der Berechnung des Finanzbedarf für die Straßensanierung wurde eine neue Priorisierungsliste zur Straßensanierung präsentiert. Darin sind 23 Straßen aufgelistet. Für die Berechnung wurde angenommen, dass alle aufgeführten 23 Straßen in den nächsten 10 Jahren saniert werden. Die Gesamtkosten wurden mit 9 Mio. € angegeben. Es wären Anliegerbeiträge in Höhe von 3,6 Mio. € zu erwarten. Diese wären bei Wegfall der Strabs zu refinanzieren.

In den letzten 10 Jahren wurden jedoch nur 3 Straßen aus der seit 2011 bestehenden alten Prioritätenliste tatsächlich saniert. Also: In den vergangenen 10 Jahren wurden 3 Straßen saniert. In den kommenden 10 Jahren sollen 23 Straßen saniert werden. Das sind 7mal so viel. Ist das realistisch? Es entsteht der Eindruck, dass der Refinanzierungsbedarf durch diesen Berechnungsansatz bewusst in die Höhe getrieben werden soll.

Von den 4 beauftragten Refinanzierungsmöglichkeiten wurden nur die ersten 2 bearbeitet und bewertet. Die Refinanzierungsmöglichkeit einer kommunalen Straßenausbausteuer und wiederkehrende Beiträge wurden gar nicht bearbeitet. Ebenso wenig wurden Mischmodelle vorgestellt. Die Auswirkungen der Verrentungsmöglichkeit auf den Gemeindehaushalt wurden ebenfalls nicht bearbeitet.

Das wirft die Frage auf, wieso kann die Verwaltung sich einfach aus den vom Gemeinderat beauftragen Aufgaben aussuchen, was sie bearbeitet und was nicht.

Die Begründung des Bürgermeisters lautet: Diese Finanzierungsmöglichkeiten findet er nicht gut. Es gab in anderen Städten oder Gemeinden Gerichtsurteile die diese Beiträge gekippt hätten. Diese haben keine Change in Wietze beschlossen zu werden. Er bezog sich hier auf die Stadt Springe, wo das OVG in der Satzung zur Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge die Bildung in der Abrechnungseinheiten beanstandet hat. Hier wurden also handwerkliche Fehler beanstandet, nicht die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen generell.

Die Verwaltung hat alle Aufgaben zu erfüllen, die vom Gemeinderat beauftragt wurden. Es ist liegt nicht im Ermessen des Bürger­meisters und seiner Verwaltungsmitarbeiter zu entscheiden, was bearbeitet wird und was nicht. Die Entscheidung welche Refinanzierungsmöglichkeit realisiert wird,  erfolgt nicht durch den Bürgermeister, nicht durch die Verwaltung und auch nicht durch den Finanzausschuss. Nur der Gemeinderat ist befugt.

Haltung des niedersächsischen Landtags zur Abschaffung der Strabs.

Im Mai 2019 gab es im niedersächsischen Landtag schon einmal einen Antrag die Straßenausbaubeiträge in ganz Niedersachsen abzuschaffen. Dieser Antrag wurde abgelehnt. In Folge wurde vom Land den Gemeinden die Möglichkeit für finanzielle Erleichterung ihrer betroffenen Bürger ermöglicht.

In einem Gespräch mit der HAZ hat sich der Ministerpräsidenten Stefan Weil (SPD) am 13.04.2020 unmissverständlich geäußert: „Das Land wird nicht für kommunale Straßen bezahlen.“.

Das ist jetzt fast 1 Jahr her. Inzwischen ist der Druck durch viele neue Bürger­initiativen und Petitionen enorm gewachsen. Es keimt die Hoffnung, dass bald eine Entscheidung für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge fällt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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